Das Thema der Testamentserstellung und die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen sind seit jeher komplex und vielschichtig. Ein besonders heikler Punkt entsteht, wenn eine Berufsbetreuerin als Alleinerbin eingesetzt wird. Dies kann, wie ein aktueller Fall des Oberlandesgerichts Celle (Beschl. v. 09.01.2024 – 6 W 175/23) zeigt, unter bestimmten Umständen die Sittenwidrigkeit eines Testaments nach sich ziehen. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Umstände und rechtlichen Grundlagen, die zu einer solchen Entscheidung führen können.
Sachverhalt und Entscheidung des OLG Celle
Im konkreten Fall setzte eine 92-jährige Frau, die kurz zuvor ihre Tochter verloren und eine Berufsbetreuerin durch das Amtsgericht zugeteilt bekommen hatte, diese Berufsbetreuerin als Alleinerbin in einem notariellen Testament ein. Das Amtsgericht wies den Erbscheinsantrag der Berufsbetreuerin wegen Sittenwidrigkeit zurück, eine Entscheidung, die vom OLG Celle bestätigt wurde.
Das OLG Celle argumentierte unter Berufung auf § 138 BGB, dass das Testament sittenwidrig und damit nichtig sei. Der Senat stützte seine Entscheidung auf die Gesamtumstände des Einzelfalls, insbesondere das hohe Alter und die gesundheitliche Verfassung der Erblasserin, die Umstände der Testamentserstellung sowie den engen zeitlichen Rahmen zwischen Einrichtung der Betreuung und Testierung. Die Betreuerin, die erst im September 2022, zu einer Zeit, als ich die Erblasserin im Krankenhaus gefunden hatte, eingesetzt worden war, hatte sich bereits im Oktober 2022, auch zu dieser Zeit befand sich die Erblasserin einem anderen Krankenhaus, zu Alleinerben einsetzen lassen. Sie hatte dabei den Notar mit der Erstellung eines solchen Testaments beauftragt, der dann die Erblasserin im Krankenhaus „besucht“ hatte, um das Testament zu beurkunden. Mitte Oktober 2022 wurde die Erblasserin dann aus dem Krankenhaus entlassen. Die Berufsbetreuerin nahm sie bei sich zu Hause auf, worauf sie dann nach 4 Tagen verstorben ist …
Rechtliche Grundlagen und Hintergrund
Die zentrale Norm in diesem Zusammenhang ist § 138 BGB, der sittenwidrige Rechtsgeschäfte für nichtig erklärt. Ein Testament kann demnach als sittenwidrig angesehen werden, wenn es unter Ausnutzung einer Schwäche oder Hilflosigkeit des Erblassers zustande kommt. Besonders relevant ist dies bei der Erbeinsetzung von Berufsbetreuern, da hier ein erhöhtes Risiko der Beeinflussung oder gar Ausnutzung besteht.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Celle stellt einen wichtigen Präzedenzfall dar und verdeutlicht die Notwendigkeit, die Umstände der Testamentserrichtung genau zu prüfen. Insbesondere die Rolle der Berufsbetreuer erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit, da sie oft eine enge Beziehung zu den von ihnen betreuten Personen haben und somit einen starken Einfluss ausüben können.
Anmerkung:
Der Fall verdeutlicht, dass auch notarielle Testamente nicht immer das sind, was sie versprechen, nämlich wirksam. Dass ein Notar ein solches Testament errichtet, und sogar zur Beurkundung ins Krankenhaus kommt, ohne Bedenken zu haben, ob dies alles rechtens ist, wirkt auf den Betrachter verstörend.
wenn Sie als gesetzlicher Erbe durch ein solches Testament von der Erbfolge ausgeschlossen sind, und darüber nachdenken, das Testament anzugreifen, dann sollten Sie stets beachten, dass die Unwirksamkeit eines Testaments wegen Sittenwidrigkeit ein komplexes Rechtsthema ist, und sie im Falle eines Rechtsstreits die Darlegungs- und Beweislast tragen. das Kostenrisiko ist erheblich, weil Gegenstandswert für derartige Rechtsstreitigkeiten der Wert des Nachlasses ist. Das Kostenrisiko ist also ganz erheblich. Wir beraten und unterstützen Sie, wenn die Zweifel an der Wirksamkeit eines Testaments haben, das Sie von der Erbfolge ausschließt, gerne. Bundesweit.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.