Testamente spielen eine zentrale Rolle im deutschen Erbrecht. Sie ermöglichen es, den eigenen Nachlass gemäß individuellen Wünschen zu verteilen und Anweisungen für die Nachkommen festzulegen. Ein interessanter Aspekt dabei ist die Vererbbarkeit von testamentarischen Auflagen, also die Frage, ob diese mit dem Tod des Beschwerten erlischt oder an dessen Erben weitergereicht wird. Dieser Artikel beleuchtet, unter welchen Umständen und wie testamentarische Auflagen weitervererbt werden können, wobei ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts München als Fallbeispiel dient.
Testamentarische Auflage zur Grabpflege
Das Amtsgericht München hat kürzlich in einem Fall entschieden, der die Vererbbarkeit einer testamentarischen Auflage zur Grabpflege betrifft (Az. 158 C 16069/22, Urt. v. 27.10.2023). In diesem Fall vermachte eine Erblasserin ihrer Nichte 8.000 € für die Grabpflege ihres Familiengrabes. Nach dem Tod der Nichte forderte der Sohn der Erblasserin, dass die Erben der Nichte diese Pflicht übernehmen. Das Gericht musste entscheiden, ob solch eine Auflage auf die Erben der Nichte übergeht oder ob sie höchstpersönlich und damit nicht vererbbar ist.
Rechtliche Grundlagen
Testamentarische Auflagen sind im deutschen Erbrecht in § 1940 BGB geregelt. Sie ermöglichen es dem Erblasser, Erben oder Vermächtnisnehmer mit bestimmten Verpflichtungen zu beschweren. Die Frage der Vererbbarkeit solcher Auflagen hängt oft davon ab, ob sie einen höchstpersönlichen Charakter haben. Eine höchstpersönliche Auflage liegt vor, wenn sie nur ganz bestimmte Personen treffen soll und aufgrund ihrer Natur nicht auf andere übertragbar ist.
Entscheidung des Amtsgerichts München
Das Amtsgericht München stellte fest, dass die testamentarische Auflage zur Grabpflege im vorliegenden Fall höchstpersönlichen Charakter hatte. Daher war sie nicht passiv vererblich. Die Erblasserin hatte diese Aufgabe speziell ihrer Nichte anvertraut, die einen besonderen Bezug zur Grabstelle hatte. Da es sich um eine sittliche Verpflichtung handelte, die auf der familiären Beziehung basierte, entschied das Gericht, dass diese Auflage nicht automatisch auf die Erben der Nichte übergeht.
Fazit
Das Urteil des Amtsgerichts München verdeutlicht, dass testamentarische Auflagen mit höchstpersönlichem Charakter nicht vererbt werden können. Dies betont die Wichtigkeit, beim Verfassen eines Testaments die Natur und die mögliche Übertragbarkeit von Auflagen genau zu bedenken. Für Erblasser bedeutet dies, dass sie klar und eindeutig festlegen sollten, wer eine Auflage erfüllen soll und ob diese Verpflichtung vererbbar ist oder nicht. Dieser Fall illustriert, wie individuell und komplex die Auslegung testamentarischer Anordnungen sein kann, und unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Testamentsgestaltung juristischen Rat einzuholen.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.