An dieser Stelle haben wir bereits des Öfteren darüber berichtet, dass derjenige, dem durch Testament mittels Vermächtnis eine Immobilie zugewendet wird, bereits unmittelbar mit Anfall der Erbschaft zur Absicherung seines Vermächtnisanspruchs die Eintragung einer Vormerkung verlangen kann und dass dieser Anspruch, wenn der Erbe die Zustimmung nicht freiwillig erteilt, im Wege einer einstweiligen Verfügung mit gerichtlicher Hilfe rasch durchgesetzt werden kann.
In einem von unserer Kanzlei betreuten Fall, hatten wir einen solchen Anspruch für eine Vermächtnisnehmerin beim Landgericht Bochum durchgesetzt. Während der Erbe zunächst die Zustimmung gänzlich verweigert hatte, hatte er später die Erteilung der Zustimmung in Aussicht gestellt für den Fall, dass die Vermächtnisnehmerin eine Bestätigung des Grundbuchamts beibrächte, worin dieses bestätigen würde, dass es die Vormerkung auch eintragen würde, ohne dass zuvor zugunsten des (unstreitigen) Alleinerben ein Erbschein ausgestellt oder dieser zunächst selbst als Eigentümer der Immobilie im Grundbuch eingetragen werde.
Die erlassene einstweilige Verfügung hatte er dann im Widerspruchsverfahren u.a. mit der Begründung angegriffen, dass diese schon deshalb zu Unrecht ergangen sei, weil er doch die Zustimmung nicht verweigert, sondern gerade in Aussicht gestellt habe und darüber hinaus auch kein Sicherungsbedürfnis bestehe. Dies sah das Gericht allerdings anders und hat mit Beschluss vom 15.07.2015 (1-4 O 96/15), nachdem sich der Rechtsstreit durch Eintragung der Vormerkung im Grundbuch erledigt hatte, dem Erben die Verfahrenskosten auferlegt, weil die Zustimmung unbedingt erklärt werden muss und in diesem Spezialfall ein Sicherungsbedürfnis nicht erforderlich ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Gemäß § 91 a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen Verhandlung bedarf, über die Kosten des Verfahrens entschieden werden.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen.
Denn die beantragte einstweilige Verfügung war wie geschehen zu erlassen. Die Angriffe des Antragsgegners gegen ihren Erlass greifen nicht durch.
Durch das angeordnete Vermächtnis war der Antragstellerin bereits mit dem Erbfall ein Anspruch auf Übereignung / Auflassung und damit verbunden ein Anspruch auf Einräumung einer Vormerkung entstanden. Dieser richtete sich auch gegen den Antragsgegner, denn dieser war ebenfalls mit dem Erbfall Eigentümer des Grundstücks geworden, das Grundbuch war unrichtig geworden.
Ein Verfügungsanspruch bestand daher. Daran ändert auch nichts, dass der Antragsgegner unter dem 19.03.2015 die Bewilligung einer Vormerkung in Aussicht stellte, denn er hat dies nicht bedingungslos, sondern nur für den Fall erklärt, dass die Antragstellerin Bestätigungen des Grundbuchamtes beibringe. Eine solche Einschränkung stand ihm allerdings aufgrund der eindeutigen materiellen Rechtslage nicht zu.
Die Darlegung eines Verfügungsgrundes ist nach § 885 Abs. 1 Satz 1 BGB entbehrlich, so dass die diesbezüglichen Angriffe ins Leere gehen.“
Anmerkung:
Wer also als Erbe dazu aufgefordert wird, seine Zustimmung zur Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Vermächtnisnehmers zu erteilen, ist gut damit beraten, wenn er diese Aufforderung nicht auf die leichte Schulter nimmt und sich hier kooperativ zeigt. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass wie hier, der Erbe nicht nur einen völlig unsinnigen Rechtsstreit führen muss, sondern darüber hinaus auch noch einige 1.000 € an vermeidbaren Kosten zu zahlen hat. Nun liegt es am Erben, sollten ihn seine Rechtsvertreter nicht in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen haben, dass er einen aussichtslosen Rechtsstreit führt, Regress bei seinen Anwälten zu nehmen.
Der Fall zeigt aber auch, dass offensichtlich auch Anwälte, die Erbrechtsstreitigkeiten begleiten, von dieser Spezialproblematik, nämlich der Durchsetzung eines Vormerkungsanspruchs mittels einstweiliger Verfügung zugunsten eines Vermächtnisnehmers, kaum oder keine Ahnung haben. Es war nämlich nicht nur den Rechtsvertretern des Erben nicht geläufig, dass sie hier einen Rechtsstreit beginnen, der nicht gewonnen werden kann, sondern auch der Kollege vor Ort, der den Erbfall begleitet, hatte der Vermächtnisnehmerin, die zufälligerweise einen unserer Beiträge im Internet gelesen hatte, davon abgeraten ihren Vermächtnisanspruch im Verfügungsweg mit einer einstweiligen Verfügung abzusichern, wie er zu Unrecht der Meinung war zunächst müsse dem Erben der Erbschein erteilt werden….
Hier wird materielles Erbrecht mit formellem Grundbuchrecht verwechselt.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.